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Neudefinition Kilogramm (kg)

Inhalt

Wie schwer ist eigentlich 1 Kilogramm? Eine Frage, die wir uns wohl eher selten im Alltag stellen. Dennoch wird sie nun wichtig, denn das Kilogramm brauchte ein Update. Wie berechnet sich das neue Kilogramm, und warum reicht die alte Definition nicht mehr?

Seit 1889 wurde das Kilog ramm durch einen Zylinder, dem sogenannten „Urkilogramm“ definiert. Das heißt, dieser in Frankreich stehende Zylinder mit dem liebevollen Namen „Le Grand K“, soll genau 1 kg wiegen. Und dabei liegt das Problem. (Höhe: 39mm, Durchmesser: 39mm). [Quelle 3]

Problem: Urkilogramm hat Material abgebaut

Denn das Urkilogramm, das eine Legierung aus 90% Platin und 10% Iridium ist, hat in Laufe seiner Zeit ungefähr 50µg (0,00000005kg) Platin-Iridium Masse abgetragen. Das entspricht ca. einem Salzkorn. Diese #PhysikDiet sorgt dafür, dass sich der Referenzwert verändert und alle Gewichte langsam schwerer werden. [11;10] Okay, ich gebe zu, für unser Waage zu Hause ändert sich erstmal nichts, aber für die Wissenschaft ist es entscheidend. Wichtig ist hier zu verstehen, dass Masse nicht das gleiche ist wie Gewicht. Ein Objekt hat überall die gleiche Masse an Atomen, wiegt aber an jedem Ort anders. Denn das Gewicht hängt nicht nur von der Masse m ab, sondern auch von der Erdbeschleunigung g. Und die Erdbeschleunigung g ist überall anders. Würdest du dich erst am geographischen Südpol und dann am Äquator wiegen, wärst du ca. 0,36kg (bei 70kg Ausgangsgewicht) leichter. [1]

Außerdem hat das Kilogramm Einfluss auf andere wichtige Einheiten wie Stromstärke (A), Stoffmenge (mol) aus der Chemie und Lichtstärke (cd). Mal abgesehen von den ganzen abgeleiteten Einheiten wie Newton für Kraft oder Watt für elektrische Leistung. [4]

Wir sehen also, dass die jetzige Definition mit der Zeit nicht stabil ist. Daher muss eine neue Definition her. Und am 20. Mai 2019 war es soweit. Das neue Kilogramm wurde neu definiert. Dabei standen zwei Möglichkeiten zur Wahl: Das Avogadro-Projekt oder die Watt-Waage. [5]

Avogadro-Konstante (Der Chemie Weg)

Die erste Möglichkeit ist eine verlässlichere Definition des Kilogramms über die sogenannte Avogadro-Konstante und dem rundesten Objekt der Welt – eine 1kg schwere Kugel aus hochreinen Silizium-28-Atomen. In so einem hochreinen Siliziumkristall sind die Siliziumatome regelmäßig und im gleichen Abstand zueinander angeordnet. Ähnlich wie gestapelte Getränkekisten. Für die Neudefinition muss nun errechnet werden, wie viele Atome in dieser Kugel stecken – also quasi die Anzahl der Flaschen in allen Kisten. Kennt man die Gesamtanzahl an Kisten und die Anzahl Flaschen pro Kiste, kann man die gesamte Menge an Flaschen berechnen. [12] So ähnlich geht das auch bei der Kugel und den Atomen:

Mit einem Laser wird im sogenannten Kugelinterferometer der Durchmesser der quasi perfekten Kugel bestimmt, woraus dann das Kugelvolumen berechnet werden kann: . Multipliziert mit der bekannten Anzahldichte von Silizium ergibt das ca. 21 Quadrillionen Silizium-28-Atome, die in dieser Kugel stecken. Eine Zahl mit 24 Ziffern. [13;14;15;16]

Und das macht es möglich die Avogadro Konstante neu zu definieren. Denn diese Konstante war auf Basis des Kilogramms definiert. Nämlich die Anzahl der Atome, die sich in 12g Kohlestoff-12 Atomen befinden. Durch die Anzahl der Atome der Siliziumkugel lässt sich die Avogadro Konstante neudefinieren und damit dann zurückgehend das Kilogramm. So ist das Kilogramm nicht mehr direkt von einem Objekt, sondern von einem Berechnungskonzept – einer Naturkonstante abhängig.Dieses Prinzip verfolgt man auch mit der Watt Waage. [6]

Watt-Waage (Der Physik Weg)

Mit Hilfe einer Watt-Waage am „National Institute of Standards and Technology“ hat man die Planck Konstante ermittelt, um damit das Kilogramm neu zu definieren. Das funktioniert in zwei Phasen: die Gewichts- und Geschwindigkeitsphase. Auf beiden Seiten der Waage findet man jeweils zwei feste Dauermagneten. An jedem bewegbaren Arm der Waage hängt eine Spule mit aufgewickeltem Draht, die sich jeweils zwischen den Magneten bewegen kann. Verbunden sind beide Seiten über ein Rad.

In der Gewichtsphase steht auf einer der Seiten ein 1 Kilogramm Prototyp auf einer Schale und drückt nach unten. Parallel wird Strom durch die Spule geführt wodurch ein Elektromagnet erzeugt wird, die eine magnetische Kraft nach oben ausübt. Ziel dieser Methode ist es durch variieren der Stromstärke I, die nach oben wirkender magnetischer Kraft und die nach unten wirkende Gewichtskraft gleichzusetzen:  ->. Am Ende soll die Masse m herauskommen. Erdbeschleunigung g und Stromstärke I kennen wir. Aber die Feldstärke B und die Drahtlänge L der Spule lässt sich nicht so genau messen. [10]

Deswegen wird in der Geschwindigkeitsphase ohne Gewicht, ein Elektromotor auf der anderen Seite genutzt, um die Spule mit einer gleichmäßigen Geschwindigkeit v hoch und runter durch das magnetische Feld zu bewegen. Durch diese Bewegung entsteht dann eine Induktion, die eine messbare Spannung erzeugt und sich aus:  berechnet. [10]

Die Feldstärke B und die Drahtlänge der Spule L sind bei beiden Seiten exakt gleich. Durch geschicktes umstellen, können wir die Formel daher gleichstellen. Wir bekommen die Formel: . Nicer Side-Fact: Beide Seiten entsprechen nun der Einheit Watt. Deswegen auch Watt-Waage. Durch einsetzen der immer wieder gemessenen Werte, sollten wir auf 1kg kommen. Diese gemessenen Werte und diese Masse können wir in die Formel zur Berechnung der Planck Konstante einsetzen. Die bisherige Planck-Konstante wurde so ab dem 20. Mai 2019 durch einen neuen Wert ersetzt, woraus dann immer die Masse eines Kilogramms hergeleitet werden kann. [7]

Welche Methode findest du besser und warum? Beide Methoden sind korrekt. Schlussendlich hat man sich aber für die Definition über die Planck Konstante entschieden. Wissenschaftler würden das wohl wortwörtlich als einen „Quantensprung“ für die Messwelt bezeichnen. Zurecht: Das SI-Einheiten System ist nun erstmals nur noch von Naturkonstanten abhängig und kann überall im Universum nachvollzogen werden. Nur an einem Ort gelten diese Regeln nicht – in einem schwarzen Loch.

Quellen: